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Bonatzbrief zum alten UB-Gebäude entdeckt (Seite 20)

In den Bauakten der Universitätsbibliothek Bonn kam ein bisher unbekannter Brief von Paul Bonatz, dem Architekten der alten UB, aus dem Jahr 1947 zum Vorschein, in dem sich der Schreiber zu seinem Jugendwerk äußert. Der Brief ist im folgenden abgedruckt. Eine Kopie befindet sich jetzt in den Unterlagen der UB Tübingen mit den Bauentwürfen zum Bonatzbau:

Professor Dr. Ing. h.c. Paul Bonatz
Architekt

Ankara, 31. Dez. 47


Verehrter Herr Professor Dr. Burr!

Wie bedaure ich, daß ich mein Latein so vergessen habe, daß ich wohl lesen, aber nicht lateinisch auf Ihre wunderschöne Urkunde antworten kann, mit der Sie mir eine ganz besondere Freude gemacht haben.

Von allem, was ich gebaut habe, ist wohl 3/4 zerstört, dabei mein eigenes Haus in Stuttgart, mein Bürohaus, Wohnung meiner Tochter - meine schönsten Arbeiten von 1935-41 die Brücken der Autobahn: Der steinerne Viadukt bei Limburg a. d. Lahn, die Stahlhängebrücke Köln Rodenkirchen, die größte und schönste Europas - so ist es für mich ein Trost, daß Ihre Bibliothek erhalten blieb, die ich in jugendlicher Begeisterung 1910-1912 gebaut habe, und die mir immer noch dem Herzen nahe steht - als ein nicht bombastisches Beispiel, wie sie in jener Zeit beliebt waren, sondern beinahe wie eine ländliche Residenz.

An der Organisation des Plans würde ich auch heute nichts ändern, an der Gliederung der Baumasse auch nichts. Eine Weiterentwicklung von 35 Jahren hat zur Folge, daß ich - wenn ich heute wieder anzugreifen hätte - im Dekor zurückhaltender wäre.

Und so erfreut es mich am Ende, daß Sie als Bewohner und Benutzer und Herren des Baues meiner freundlich gedenken. Ich für meinen Teil denke in Dankbarkeit an den Oberbibliothekar jener Zeit: Dr. Geiger, mit dem mich die Zusammenarbeit in herzlicher Freundschaft verband. Es war vor den zwei Weltkriegen in einer Märchenwelt, die Sie Jüngere sich wohl kaum vorstellen können.

Ihr ergebener Paul Bonatz


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© TBI 1/1997